EINE GESCHICHTE

Das ist meine Großmutter Bluma Margot Wolffsohn. Das Foto entstand vermutlich 1929, da war sie gerade mit ihrem Sohn – meinem Vater – zu ihrem neuen Mann Curt Thesing nach München gezogen.
Mein Bruder Thomas hat ein Gedicht über sie geschrieben, in dem er ihre Geschichte erzählt. Ich klebe es hier rein – warum, kann man sich sicher denken. Und falls nicht, gibt es noch ein Video unten, in dem mein Bruder auf die Frage antwortet, ob es denn nicht langsam gut sei mit diesem Thema …

DIE VERGESSENE NACHT

Das bin ich irgendwann Ende der 80er Jahre. Damals arbeitete ich beim DDR-Jugendsender DT64 und moderierte in der Nacht vom 2. zum 3. Oktober 1990. Das hatte ich völlig vergessen, bis mich vor kurzem ein Kollege vom MDR daran erinnerte. Er hatte die Sendung damals gehört und mir jetzt freundlicherweise sogar den Mitschnitt besorgt. Als ich den hörte, fiel mir alles wieder ein:
Wie schwierig es war, weil ich mit dem Gedanken, zum “glücklichsten Volk der Welt” zu gehören, nichts anfangen konnte. Wie aufgeregt ich war, weil ich nicht wusste, ob und wie ich das zeigen kann. Wie ich versucht habe, die beiden Nationalhymnen nach dem Zeitzeichen um Mitternacht zu einer Kakophonie zu mischen (was leider nicht gut klappte). Wie ich danach Musik spielen wollte, die anders klingt als der Soundtrack zu diesem sehr deutschen Ereignis. Wie SANDOW wussten, was zu tun war und wie ich schließlich wusste, dass in so eine Nacht die ganze Welt gehörte.

JÜDISCH IN DER DDR

Das ist in Leipzig-Connewitz. Da stehen meine Tochter Lena und ich und unterhalten uns mit Dmitrij Kapitelmann. Wir haben ihn für eine Episode des Podcasts JÜDISCH IN DER DDR besucht.

Er kam mit seinen Eltern in den 90ern als sogenannter Kontingentflüchtling aus der Ukraine nach Deutschland, das ihm Zuhause sein sollte und es nie wurde. Er erzählt uns davon, zeigt uns die Orte dazu und erklärt uns, warum er sich als “vielfältiges Nichts” versteht.

Außer zu ihm führte uns unser Roadtrip durch den Osten Deutschlands nach Dresden, Erfurt, Halle, Weimar, in die Uckermark und auf den Jüdischen Friedhof in Berlin. Alle sechs Folgen des Podcasts gibt’s hier und überall, wo es sonst noch Podcasts gibt. Hier der Trailer.

“GANG” DER GESCHICHTE

Das ist ein Foto von 1968. Es zeigt junge Menschen in Ostberlin (die Verfasserin gehört dazu).
Im Jahr 2021 ist es dank technischen Fortschritts im Dienste historischer Ereignisse möglich, das Bild sinnstiftend zu ergänzen.

RADIO-AKTIVITÄT

Das ist eine rote Blockflöte. Sie gehörte mal Christian Ulmen, und er hat sie hierfür benutzt:

Das wiederum ist ein Textauszug aus der Komödie DIE PHYSIKER von Friedrich Dürrenmatt, der heute vor 100 Jahren geboren wurde.
Sechzig Jahre ist es her, seit er dieses Stück geschrieben hat. Und zehn Jahre, dass Benjamin von Stuckrad-Barre und Christian Ulmen vorschlugen, es bei Radioeins in einer szenischen Live-Lesung aufzuführen. Der Grund war damals die fatale Aktualität, die der Stoff durch die am 11. März 2011 von einem Tsunami ausgelöste Reaktor-Katastrophe im Atomkraftwerk von Fukushima bekam.
Wir haben die Lesung dann ganz schnell organisiert und nur ein paar Tage später im radioeins-Studio im Admiralspalast ohne auch nur einmal zu proben, aufgeführt. Mit dabei waren außerdem Anna-Maria Mühe, Hajo Schumacher, Westbam, Michi Beck, Jörg Schönbohm und ich.

Hier ist der Mitschnitt.

Und so hat das RBB-Fernsehen darüber berichtet.

ES WAR EINMAL DIE ZUKUNFT

Das ist New York auf einer Postkarte von 1925. Tatsächlich gab es damals auch schon einige Wolkenkratzer, doch die imposanten Flugapparate und das ausgeklügelte Hochbahnsystem waren noch eine Utopie. Sind es ja im Grunde bis heute.
Und hier noch ein schöner Film aus demselben Jahr. Ein niederländisches Ehepaar filmte in Midtown, Lower Manhattan, Brooklyn und auf Coney Island. Etwas bizarr der Rialto Sightseeing Bus mit Hakenkreuz (2’47), das in dieser Darstellung hier vermutlich lediglich seine eigentliche und harmlose Bedeutung als Glückssymbol indischer Religionen hatte.

СПЕЙС ДОГС – SPACE DOGS

Das ist Laika. Am 3. November 1957 wurde die sowjetische Straßenhündin in einem Sputnik in die Erdumlaufbahn geschossen und war damit das erste Lebewesen im Weltall. Überlebt hat sie diese Mission nicht. Doch es gibt die Legende, dass sie als Geist auf die Erde zurückgekehrt ist und seitdem durch die Straßen Moskaus streift.
Die beiden österreichischen Filmemacher Elsa Kremser und Levin Peter sind Laikas Spuren gefolgt und begleiten zwei ihrer Nachkommen buchstäblich auf Augenhöhe durch einen Alltag, den sie mit der Geschichte der sowjetischen Raumfahrt verknüpfen – einer Geschichte unendlichen Leids für Tiere, die der Forschung dienen mussten.
SPACE DOGS ist ein berührender, verstörender und ungewöhnlicher Dokumentarfilm. Ab Donnerstag (24.9.) läuft er im Kino.

KERZE MIT ZWEI ENDEN


Foto: Miroslav Murazov

Das ist Wladimir Wyssozki als Hamlet. Die letzte Vorstellung am Moskauer Taganka-Theater spielte er am 18. Juli 1980. Als er eine Woche später mit nur 42 Jahren an Herzversagen starb, weinten und trauerten die Menschen, denn Wyssozki war nicht nur Schauspieler, sondern vor allem charismatischer Dichter und Sänger von Liedern, die ins Herz trafen und deren zornige Poesie der sowjetischen Regierung ein Dorn im Auge war. Wyssozki war die personifizierte Rebellion und entsprach mit seinem exzessiven, alkoholgetränkten Lebensstil so gar nicht dem Bild einer sozialistischen Persönlichkeit. Er war die sprichwörtliche Kerze, die an beiden Enden brannte.
Obwohl die Moskauer Behörden die Beerdigung wegen der gerade stattfindenen Olympischen Spiele geheimhalten wollte, verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer im Land. Hunderttausende sollen sich versammelt haben, um sich von ihrem Idol, der als Hamlet zu Grabe getragen wurde, zu verabschieden.
Das ist jetzt genau vierzig Jahre her. Hier der Trailer zu einer Doku über ihn und darunter sein Lied “Wolfsjagd”.